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Dresdener Romantik
Die Landschaftsmalerei der Dresdener
Romantik ist geprägt durch die Kunst der
Frühromantiker, vertreten vor allem durch
Caspar David Friedrich (1774 –1840), den
Arzt, Naturforscher und Malerdilettanten
Carl Gustav Carus und Johann Christian
Dahl. Der eine Generation jüngere Adrian
Ludwig Richter (1803 –1884) ist der wohl be-
kannteste Vertreter der Dresdener Spätro-
mantik. Der Begriff „Romantik“ bezeichnet
keinen gemeinsamen Stil, sondern eine
Gemütsverfassung (Geistesströmung) der
Deutschen zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Im Vordergrund stand die Besinnung auf
die nationalen Werte in Folge der napo-
leonischen Kriege, die nicht nur die Politik,
sondern auch die bildende Kunst betrafen.
Bestimmend in der bildenden Kunst wurde
ein unmittelbares Naturerleben als Gegen-
entwurf zu dem als verstaubt wahrge-
nommenen Akademiebetrieb und der
Widerstand gegen die als bedrückend
empfundenen politischen und gesellschaft-
lichen Verhältnisse. Diese Aufbruch stim-
mung setzte bei vielen jungen Künstlern
Triebkräfte frei, die einen geradezu explo-
siven Ausbruch künstlerischen Schaffens
zur Folge hatten (2).
Während die Dresdener Frühromantiker
um C. D. Friedrich keine Nachfolger im
Sinne einer Schultradition gehabt haben,
war Ludwig Richter, wohl auch durch seine
liebenswürdige und zugewandte Art, der
Mittelpunkt einer großen Schülerschar. Der
erst dreiunddreißigjährige Ludwig Richter
wurde 1836 nach einer längeren Italien-
reise (1823 –1826) und einer mehrjährigen
Lehrtätigkeit an der Zeichenschule für die
Porzellanmaler der Manufaktur in Meißen
als Nachfolger seines Vaters in das Amt
eines Lehrers der Landschaftsklasse der
Dresdener Akademie berufen. 1841 er-
folgte seine Ernennung zum Professor. Als
Richter nach Dresden kam, war die Malerei
der Frühromantik und namentlich die von
C.D. Friedrich erfundene Symbollandschaft
bereits aus der Mode gekommen. 1842
wurden auf der Nachlassauktion des
Berliner Sammlers und Buchhändlers
Georg Andreas Reimer 29 Gemälde
Friederichs für zusammen nur 100 Thaler
versteigert. Seine herausragende Bedeu-
tung für die Kunstgeschichte wurde erst
lange nach seinem Tod am Ende des
19. Jahrhunderts erkannt. Ludwig Richter
widmete sich seinem Lehramt in Dresden
mit Eifer und Hingabe und führte im Land-
schaftsunterricht als Neuerung das direkte
Studium vor der Natur ein. Seine Schüler
hingen mit Liebe und Verehrung an ihm,
und eine stattliche Anzahl von Landschafts-
malern ist im Laufe der Jahrzehnte aus
seinem Atelier hervorgegangen (2,3).
Dreber als Schüler Ludwig Richters
Ludwig Richters erster und bedeutendster
Atelierschüler war Heinrich Dreber, der sich
später aber am weitesten von der Kunst
seines Lehrers entfernt hat (2). Ludwig Rich-
ter nannte ihn einmal „seinen ersten und
ausgezeichnetsten Schüler“ und bewahrte
ihm bis zu dessen Tod 1875 Freundschaft
und Hochachtung. Heinrich Dreber wurde
vor 200 Jahren am 9. Januar 1822 in Dres-
den geboren. Er wuchs im Hause seines
Paten und Vormunds des Amtsverwalters
H. E. Franz auf, dessen Namen er anfäng-
lich bei Signaturen und Monogrammen
(z. B. ligiertes HF) benutzte, oder dem eige-
nen Zunamen hinzufügte , bis er sich später
endgültig für Heinrich Dreber entschied.
Den ersten und einzigen Schulunterricht
erhielt der Knabe in der dem Jakobs-
hospital benachbarten Annenschule, seit
1618 zur Stadt- und Lateinschule erhoben.
Ostern 1836, unmittelbar nach seiner
KonrmationimAltervon14Jahrenwurde
Dreber zur Aufnahme in die Dresdener
Kunstakademie angemeldet. Welche Um-
stände und Einüsse den jungen Mann
zu diesem entscheidensten Schritt seines
Lebens bewogen haben, ist uns nicht über-
liefert. Es war eine glückliche Fügung, dass
Drebers Eintritt in die unterste Klasse der
Kunstakademie mit der Berufung Ludwig
RichterszusammenelunddurchdenEin-
uss Richters sich das Interesse Drebers
ganz auf die Landschaftsmalerei richtete.
Mit dem Wintersemester 1838/39 endete
Drebers Teilnahme am Klassenunterricht an
der Dresdener Kunstakademie und Ludwig
Richter nahm Dreber zur Weiterbildung als
Atelierschüler in seine Obhut. Für die Teil-
nahme, die der Lehrer an der immer augen-
fälliger werdenden Begabung des Schülers
nahm, spricht auch, dass Richter in seinem
Wohnhaus vor dem Löbtauer Schlag einen
Arbeitsraum für Dreber gegen ein be-
scheidenes Honorar anmietete, auf das
er später wegen der prekären Lage seines
Schützlings ganz verzichtete. Im Sommer
1839 und 1840 unternahm Dreber Wande-
rungen in die nähere und weitere Um-
gebung von Dresden. Es entstanden
Landschafts- und Naturstudien aus
dem Plauenschen Grund, dem Prieß-
nitz Grund und dem von Dreber bevor-
zugten Rabenauer Grund. Das hohe
zeichnerische Talent des erst 18-jährigen
Heinrich Dreber zeigte sich seit 1840 in
kunstvoll kom po nierten Landschafts-
Heinrich Dreber 1822 – 1875
Zum zweihundersten Geburtstag des Malers
von Michael Korth und Hildegard Korth
Das hier vorgestellte Lebensbild eines Dresdener Spätromantikers
beruht im Wesentlichen auf der von Friedrich Schöne 1940 veröffentlichten
Monographie „Heinrich Dreber“ (1)
1 Im Rabenauer Grund